Das Innenverhältnis: Was „darf und soll“ der Bevollmächtigte?
Die Vollmachtserteilung betrifft nur das Außenverhältnis: Kraft der Vollmacht vermag der Bevollmächtigte im Namen des Vollmachtgebers mit Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, die dann gegenüber dem Vollmachtgeber wirken.
Unabhängig davon gibt es ein Innenverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und Bevollmächtigten, welches Auskunft darüber gibt, was der Bevollmächtigte darf und tun soll. Wird hierüber keine Regelung getroffen (wie in den meisten Vollmachten), so liegt im Innenverhältnis ein Auftragsverhältnis vor (§§ 662-674 BGB) oder eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB), dessen Rechte und Pflichten sich aus dem Gesetz (und der Rechtsprechung) ergeben. Abzugrenzen hiervon ist das bloße Gefälligkeitsverhältnis ohne einen Rechtsbindungswillen, wenn beispielsweise bei der Vollmachtserteilung ein besonderes Freundschafts- und Vertrauensverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten bestanden hat, und die Beteiligten nicht davon ausgingen, dass hieraus Rechte und Pflichten erwachsen sollten. Letztlich bleibt indes immer eine Unklarheit, welcher Rechtsnatur das Innenverhältnis ist, wenn dies nicht eindeutig geregelt wird.
Es ist daher als sicherster Weg besser und empfehlenswert, die wesentlichen Rechte und Pflichten im Innenverhältnis festzulegen. Dies kann z. B. folgende Vorteile haben:
- Der Vollmachtgeber kann hierdurch seinen Willen kundtun und festlegen, wie der Bevollmächtigte ihn im Einzelnen zu vertreten hat, welche Geschäfte der Bevollmächtigte in welcher Weise besorgen soll, welche Form der medizinischen Behandlung der Vollmachtgeber wünscht usw.
- Auch der Umfang der gesetzlich vorgesehenen Rechnungslegungspflichten kann durch eine Vereinbarung im Innenverhältnis modifiziert werden. So kann der Bevollmächtigte von bestimmten Rechnungslegungspflichten befreit werden, welche die Rechtsnachfolger des Vollmachtgebers (seine Erben) oder ein evtl. gerichtlich bestellter (Kontroll-)Betreuer andernfalls von ihm einfordern könnten.
- In dem einer Bevollmächtigung zugrundeliegenden Auftragsverhältnis gibt es Beweislastregeln, die dem Bevollmächtigten teilweise die Beweislast aufbürden: So muss er die weisungsgemäße Erfüllung von Aufträgen beweisen, die Richtigkeit seiner Abrechnung, die Unmöglichkeit der Herausgabe von Erhaltenem und seine Aufwendungen. Diese und andere Beweislastregeln können z. B. durch eine Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung für den Bevollmächtigten entschärft werden. Der Bevollmächtigte wird daraufhin eher bereit sein, das Amt zu übernehmen.
- Zur Frage der Vergütung sollte zwischen den Beteiligten geklärt werden, auf welcher finanziellen Basis die Tätigkeit des Bevollmächtigten erfolgt. Diese Tätigkeit kann sehr umfassend, zeitraubend und überdies haftungsrelevant sein. Daher sollte bereits bei der Bevollmächtigung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem geklärt sein, ob er unentgeltlich oder zu einem bestimmten Stundensatz oder Fixhonorar tätig wird. Dies kann in einer Auftragsvereinbarung niedergelegt werden.
- Sowohl bei entgeltlicher wie auch bei unentgeltlicher Übernahme der Angelegenheiten eines Betreuungsbedürftigen durch einen Bevollmächtigten haftet dieser für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit hinsichtlich seiner Pflichten aus dem Grundverhältnis. Um die Bereitschaft zur Übernahme dieser Tätigkeit zu erhöhen, sollte erwogen werden, die Haftung des Bevollmächtigten zu reduzieren.
- Der Bevollmächtigte kann seinen Rechtskreis leichter nachweisen und andere können ihn ggf. leichter kontrollieren. So kann z.B. für die Abhebungen vom Konto klargestellt werden, inwieweit der Bevollmächtigte verfügen soll und darf. Dies verhindert z. B. die oftmals eintretende Auseinandersetzung zwischen den Erben und dem Bevollmächtigten, die sich darüber streiten, ob der Bevollmächtigte zu viel abgehoben hat. Zum Schutz des Bevollmächtigten und der Erben können solche Punkte im Innenverhältnis geregelt und damit klargestellt werden. Zur Klärung dieses Innenverhältnisses kann insbesondere die Verwendung des Unterhalts, die Ausgestaltung des täglichen Lebens sowie der Pflege des Vollmachtgebers ausführlich geregelt werden.
- Wenn das Innenverhältnis in der gleichen Urkunde wie die Vollmacht geregelt ist, so kann und wird der Geschäftspartner auch hiervon Kenntnis nehmen. Überschreitet ein Geschäft offenkundig die im Innenverhältnis auferlegten Beschränkungen, so läuft der Geschäftspartner Gefahr, bei Vornahme des Geschäftes den Vorwurf kollusiven Zusammenwirkens mit dem Vertreter zu riskieren, wodurch trotz wirksamer Außenvollmacht eine Regresspflicht entstehen kann. Die Regelung des Innenverhältnisses kann sich daher auch auf das Geschäft im Außenverhältnis auswirken. Eine Erwähnung des Innenverhältnisses in der Vollmachtsurkunde kann daher je nach Umständen auch vorteilhaft sein. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Vorsorgevollmachten hierdurch ggf. inhaltlich überfrachtet und damit zu lang werden. Der Rechtsverkehr wird dadurch erschwert und verwirrt.
veröffentlicht am 23. März 2022, verschlagwortet mit