Welche Formvorschriften gelten für Vollmachten?
Die Bevollmächtigung ist für die meisten Rechtsgeschäfte zivilrechtlich formfrei möglich (§§ 167, 168 BGB). Es gibt jedoch auch Ausnahmen, in denen eine formfreie Errichtung nicht ausreicht:
- Die Schriftform ist für eine Vollmacht vorgeschrieben, welche folgende Maßnahmen umfassen soll (siehe dazu bereits oben im Kapitel „Regelungen für ärztliche und freiheitsentziehende Maßnahmen“):
Erstens Einwilligung des Bevollmächtigten in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute (bzw. Vollmachtgeber) aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet (vgl. § 1904 Abs. 1 und 5 BGB); zweitens Einwilligung des Bevollmächtigten in eine Unterbringung des Vollmachtgebers, welche mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist (§ 1906 Abs. 1 und 5 BGB) oder bei einem Aufenthalt in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, wenn dem Vollmachtgeber durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll (vgl.§ 1906 Abs. 4 und 5 BGB); drittens Einwilligung in ärztliche Zwangsmaßnahmen (§ 1906a Abs. 1 u. 5 BGB).
- Soll die Vollmacht es ermöglichen, gesellschaftsrechtlich zu handeln, so bestehen hierfür tw. weitergehende Formvorschriften, vgl. §§ 134 Abs. 3 AktG und 135 AktG (Stimmrecht in der Hauptversammlung der AG), § 2 Abs. 2 GmbHG (Unterzeichnung Gesellschaftsvertrag).
- Bei unwiderruflichen Vollmachten kann darüber hinaus auch die strengere Formvorschrift des Hauptgeschäftes erforderlich sein (z.B. die Beurkundung, wenn zu einem beurkundungspflichtigen Geschäft unwiderruflich bevollmächtigt wird).
In der Praxis besteht zudem die Schwierigkeit, dass eine rein mündliche Vollmachtserteilung nicht nachweisbar ist.
Daher sollte die Vollmacht zumindest schriftlich errichtet werden.
Allerdings kann bei einer bloß handschriftlich unterzeichneten Vorsorgevollmacht die Urheberschaft bestritten werden: Ohne öffentliche Unterschrifts-Bestätigung oder andere Nachweise vermag niemand zu beurteilen, ob die Unterschrift vom vermeintlichen Vollmachtgeber herrührt, keine Fälschung ist und freien Willens gegeben wurde.
Daher wird bereits für eine höhere Verwendbarkeit der Vorsorgevollmacht empfohlen, diese notariell umzusetzen. Im Einzelnen:
- Bei einer öffentlichen Beglaubigung bestätigt der Notar die Urheberschaft der Unterschrift seitens des Unterzeichnenden (zur Möglichkeit einer öffentlichen Beglaubigung bei einer Betreuungsbehörde s.u.). Damit können sich zukünftige Vertragspartner darauf verlassen, dass die Vollmacht vom Unterzeichnenden stammt. Der Zeitaufwand ist gering, da das Dokument nicht verlesen wird, sondern nur die Unterschrift in Gegenwart des Notars geleistet wird. Üblicherweise verbleibt die Urkunde dann vorübergehend beim Notar, der sie heftet und siegelt und dann per Post zusendet. Im Einzelfall kann die Handhabung anders sein, dies wäre vorab zu erfragen. Zum konkreten Ablauf: Die Unterschrift erfolgt direkt vor dem Notar (er muss die Urkunden also in noch nicht unterschriebener Fassung erhalten), mitzubringen sind zum Termin ein gültiger Personalausweis oder Reisepass.
Vorteilhaft ist die schnellere, einfachere und bei größeren Vermögen kostengünstigere Fertigstellung als bei einer Beurkundung. Für fast alle Rechtsgeschäfte reicht die Beglaubigung zudem völlig aus (s.o.).Nachteilig ist, dass ein Notar bei einer bloßen Beglaubigung nicht berät und auch die Geschäftsfähigkeit nicht prüft und nicht bestätigt. Nur wenn der Notar von der mangelnden Geschäftsfähigkeit des Handelnden überzeugt ist, Anzeichen für eine solche beim Termin also offen zu Tage treten, hat er die Beglaubigung zu versagen. Zudem existieren danach nur die wenigen beglaubigten Originale, es können keine weiteren „Ausfertigungen“ erbeten und erteilt werden (z.B. bei Verlust oder Beschädigung der Urkunden), vielmehr müsste der Vollmachtgeber dann erneut die Vollmacht erteilen (was im Notfall ggf. nicht mehr geht), so dass sicherheitshalber von vornhinein mehrere Exemplare beglaubigt und an verschiedenen Orten verwahrt werden sollten.
- Hinzuweisen ist auch auf die Möglichkeit der notariellen Beurkundung der Vollmacht. Hierbei bestätigt der Notar über die Urheberschaft der Unterschrift seitens des Unterzeichnenden hinaus auch noch die Willensübereinstimmung mit dem ganzen Inhalt der Vorsorgevollmacht. Zudem hat der Notar die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zu prüfen (§ 11 BeurkG), was einen gewissen Beweiswert hat, wenn diese Geschäftsfähigkeit später in Frage gestellt wird.
Vorteilhaft ist die hinzukommende Beratung durch den Notar. Zudem kann der Notar künftig weitere „Ausfertigungen“ der Urkunde erstellen, also weitere Exemplare, was ggf. gewünscht wird bei Verlust der Vollmacht oder bei sonstigem Bedarf nach weiteren Exemplaren. Als sicherster Weg ist daher die notarielle Beurkundung zu empfehlen, da diese im Verlustfall neue Exemplare erlangbar macht (näheres wäre mit dem Notar zu klären).
Nachteilig ist der höhere Zeitaufwand als bei der Beglaubigung, da die Vorsorgevollmacht vollständig verlesen wird. Die Kosten sind bei kleineren Vermögen günstiger, bei höheren Vermögen höher als im Falle der Beglaubigung.
Eine weitere Alternative besteht in einer Beglaubigung bei der Betreuungsbehörde: Gemäß § 6 Betreuungsbehördengesetz ist auch eine Urkundsperson der Betreuungsbehörde befugt, Unterschriften oder Handzeichen auf Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen öffentlich zu beglaubigen. Die Gebühr pro Beglaubigung durch die Betreuungsstelle beträgt rd. 10 €. Da nicht alle Mitarbeiter einer Betreuungsstelle zur Beglaubigung dieser Dokumente berechtigt sind, sollte ein Termin mit der Betreuungsstelle zur Beglaubigung der Unterschrift vereinbart werden. Mitzubringen sind die noch nicht unterzeichneten Urkunden und ein Personalausweis / Reisepass.
Die derart unterzeichnete Vollmacht gilt nur zu Lebzeiten des Vollmachtgebers und nicht mehr nach dem Ableben. Dies hat Vor- und Nachteile und sollte im Einzelfall geprüft werden.
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veröffentlicht am 24. März 2022, verschlagwortet mit Sorgerecht